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Recht / Arbeits-/Sozialrecht 
Mittwoch, 27.09.2023

Bei betriebsbedingter Kündigung in der Insolvenz gilt Vermutungswirkung des § 125 Abs. 1 Nr. 1 InsO

Der Kläger war seit 2011 bei der Insolvenzschuldnerin, einem Unternehmen der Herstellung und des Vertriebs von Spezialprofilen aus Stahl und Stahlerzeugnissen mit ca. 400 Arbeitnehmern, tätig. Der beklagte Insolvenzverwalter schloss vor dem Hintergrund einer geplanten Betriebsstilllegung mit dem bei der Schuldnerin gebildeten Betriebsrat am 29. Juni 2020 einen Interessenausgleich mit drei verschiedenen, insgesamt sämtliche Arbeitnehmer aufführenden Namenslisten. Der Kläger war auf der zweiten Liste namentlich genannt. Nach Unterzeichnung des Interessenausgleichs kündigte der Insolvenzverwalter das Arbeitsverhältnis des Klägers betriebsbedingt mit Schreiben vom 29. Juni 2020 zum 31. Mai 2021 und wegen einer behaupteten Schwerbehinderung vorsorglich ein weiteres Mal mit Schreiben vom 20. August 2020 zum selben Kündigungstermin. Das Landesarbeitsgericht hat die Kündigungen als unwirksam angesehen.

Das Bundesarbeitsgericht gab jedoch dem Beklagten Recht. Die Kündigung sei wirksam. Wenn eine Betriebsänderung i. S. d. § 111 BetrVG geplant ist und der Insolvenzverwalter und der Betriebsrat darüber einen Interessenausgleich mit Namensliste schließen, wird nach § 125 Abs. 1 Nr. 1 InsO vermutet, dass die Kündigung des in der Namensliste aufgeführten Arbeitnehmers durch dringende betriebliche Erfordernisse i. S. v. § 1 Abs. 2 KSchG bedingt ist. Im Zeitpunkt des Abschlusses des Interessenausgleichs müsse sich die Betriebsänderung noch in der Planungsphase befinden, damit dem Betriebsrat entsprechend dem Zweck des § 111 BetrVG eine Einflussnahme auf die unternehmerische Entscheidung möglich sei (Az. 6 AZR 56/23).

Hier habe die Kündigung vom 20. August 2020 das Arbeitsverhältnis des Klägers, der rechtskräftig festgestellt keinen besonderen Kündigungsschutz infolge einer Schwerbehinderung genieße, wirksam zum 31. Mai 2021 beendet. Die Kündigung sei jedenfalls aufgrund der Vermutung des § 125 Abs. 1 Nr. 1 InsO, dass sie durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt ist, wirksam. Der Beklagte habe hinreichend dargelegt, dass die der Kündigung zugrunde liegende Betriebsänderung i. S. d. § 111 BetrVG gem. § 125 Abs. 1 Satz 1 InsO geplant war. Die diesbezügliche Vermutungswirkung habe der Kläger nicht widerlegt.

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